Seit mehr als 50 Jahren begleitet der Toyota Hilux seine Fahrer wortwörtlich bin ans Ende der Welt. Als Expeditionsfahrzeug hat er das Nordkap gesehen, den Mount Everest bestiegen und als Rallye-Sieger die Sahara durchquert. Neben klassisch derber Arbeitskleidung kann man dem Japaner aber inzwischen auch eine feinere Ausgehmontur verpassen. Dass sich Toyota mit dem Hilux Neuwagen ein Stück vom Kuchen (halb-)privat genutzter Offroader einverleiben möchte, wird an der jungen Topausführung Invincible deutlich. Mit reizvollen Extras außen und innen, optimierter Fahrwerksabstimmung und modernen Motoren schwenkt der Pick-up auf den virilen Lifestyle-Trend ein. Ein echter Autobahnheld oder Großstadt-Cruiser ist er aber weiterhin nicht.
Das Wichtigste auf einen Blick
Der Pritschenwagen-Klassiker Toyota Hilux erreichte in Asien bereits im Frühjahr 2015 die 8. Generation und ist seit Oktober 2016 auch bei uns verfügbar. Aufgrund seiner stetig gewachsenen Maße bis auf aktuell 5,3 m x 1,8 m x 1,8 m gilt der Offroader nicht mehr länger als Compact Pick-up sondern ist ein Midsize Pick-up. Für die Beladung steht in der Double Cab Standardausführung eine Fläche rund 1,8 m x 1,5 m x 0,5 m bereit. Double Cab bedeutet, dass eine vollständige zweite Sitzreihe vorhanden ist, sodass vier Personen bequem mitfahren können. Alternativ kann der Hilux als Extra Cab mit verkleinertem Fond oder als Single Cab Zweisitzer nur für Fahrer und Beifahrer bestellt werden. Entsprechend der Kabinengröße verlängert sich die Ladefläche auf bis auf 2,3 m. Im Sommer 2020 erhielt das japanische Raubein sein letztes Facelift und setzt seitdem auch optisch moderne Akzente. Vor allem die markante Front mit ihrem dominanten Kühlergrill sowie den Stoßfängern in 3D-Optik tragen zur gesteigerten Coolness bei. Hinzu kommen LED-Leuchten vorne und hinten, schwarze 18-Zoll-Leichtmetallräder sowie die zusätzlichen Außenfarben Emotional Red II, Dunkelblau und Oxidbronze Metallic.
Je nach gewählter Ausstattung gibt sich ein Hilux Neuwagen innen mindestens modern bis hin zu fast schon mondän. In jedem Falle vorhanden sind eine Klimaautomatik, elektrisch beheiz- und verstellbare Außenspiegel, ein über das Lenkrad bedienbares 4,2 Zoll Info-Farbdisplay sowie ein Freisprech-Mikrofon. Zahlreiche Leder-, Chrom- und Silberglanz-Details setzen edle Highlights. Hinzukommen können beispielsweise eine Ambiente-Beleuchtung, zweifarbig perforierte Ledersitze oder ein 8-Zoll-Infotainment-Bildschirm, der an ein High-End-Multimediasystem inklusive Smartphone-Integration gekoppelt ist. Mit dem Toyota Hilux Invincible wurde parallel zum letzten Facelift ausschließlich für die Ausführungen Extra Cab und Double Cab eine neue Topversion eingeführt. Sie weist neben allen o. g. Komfortkomponenten einige Exterieur-Specials wie schwarz abgesetzte Radlaufverkleidungen, einen eigens designten Frontgrill, zahlreiche Chrom-Parts sowie eine riesige Invincible-Prägung auf der Heckklappe auf. Die weiteren Ausstattungsvarianten für den Pick-up-Truck lauten Duty, Excecutive sowie Comfort.
Ein Toyota Hilux Neuwagen gilt seit jeher als quasi unzerstörbar, wie bereits der legendäre Top-Gear-Tauch- und Sprengtest eines älteren Modells eindrucksvoll bewies. Dass der Euro NCAP Crashtest eines aktuellen Double-Cab-Modells im Jahre 2016 dennoch zwiegespalten ausfiel, lag in den fehlenden Assistenzsystemen begründet. Da außer einem optischen und akustischen Gurtwarner für alle Sitzplätze keine aktiven Hilfen vorhanden sind, erhielt der Pick-up in der Basisausführung lediglich 3 von 5 Sterne. Grundlegende Schutzmechanismen wie Gurtstraffer, Gurtkraftbegrenzer, seitliche Kopfairbags auf allen Plätzen sowie Seitenairbags vorne und ein Knieairbag für den Fahrer sind jedoch serienmäßig an Bord. Bestellt man schließlich das optionale Sicherheitspaket Safety Sense für den Toyota Hilux mit, ergibt sich ein überdurchschnittlich positives Bild. Der zusätzliche Spurhalteassistent, die Speedlimit-Schildererkennung sowie der automatische Notbremsassistent für den Stadtverkehr heben die Einzelwertung für die Aktive Sicherheit von 25 % auf 63 % und somit die Gesamtwertung auf maximal mögliche 5 Sterne. Eine uralte Schwäche bringt der Pick-up-Truck allerdings leider wieder mit: Speziell mit großer Bereifung droht er bei abrupten Ausweichmanövern zu kippen – er besteht also den sogenannten Elchtest nicht.
Ausstattungsvarianten Duty, Executive, Comfort
Bauformen Single Cab, Extra Cab, Double Cab
Ladefläche ca. 1,8 m bis 2,3 m x 1,5 m x 0,5 m
Mit Einführung der 8. Generation sowie zusätzlichen Komplettüberarbeitung 2019 wurden die in Europa erhältlichen Toyota Hilux-Motoren gemäß der geltenden Abgasanforderungen für leichte Nutzfahrzeuge auf den neuesten Stand gebracht. Seitdem lässt sich der Pick-up wahlweise von einem 4-Zylinder-Benziner mit 2.7 l. Hubraum oder einen durchzugsstarken V6-Benziner mit 4 l. Hubraum befeuern. Die Aggregate liefern 122 kW (166 PS) bzw. 175 kW (238 PS), wobei die stärkere Variante optional mit 4x4 statt nur Hinterradantrieb durchs Gelände pflügen kann. Gleiches gilt für die 2.4 Diesel-Alternative, die den Toyota Hilux als Reihen-4-Zylinder mit 110 kW (150 PS) in Bewegung setzt. Die Krönung bei den Selbstzündern ist seit 2020 eine 2,8-l.-Maschine mit stolzen 150 kW (204 PS) und 500 Nm. Sie stemmt den 2-Tonnen-Offroader in beachtlichen 10 Sek. von 0 auf 100 km/h - stets kombiniert mit Allradantrieb und 6-Gang-Automatikgetriebe. Alle allradgetriebenen Single Cab-, Extra Cab- und Double Cab-Varianten können übrigens jetzt 1 Tonne Nutz- und 3,5 Tonnen Anhängelast bewältigen. Und bei den Hinterradversionen gewährleisten eine neue Fahrwerksabstimmung sowie elektronischen Nachbildung eines Sperrdifferentials stressfreie Fahrten über Stock und Stein.
Die Erfolgsgeschichte des Hilux startete 1968, wobei die erste Generation noch vom japanischen LKW-Hersteller Hino Jidosha entwickelt wurde. Dabei bestand der Pick-up aus Teilen des Kompaktmodells Briska sowie des großen Toyota Stout. Von Anfang an wurde der Toyota Hilux mit Ausnahme Europas weltweit verkauft und war vor allem in Nordamerika erfolgreich. Für die dortigen Länder wurden zahlreiche Sondermodelle aufgelegt, die sich durch größere Motoren und komfortablere Ausstattungen auszeichneten. Die ab 1972 gefertigte, zweite Baureihe fiel aufgrund ihrer drastisch gewachsenen Maße bereits nicht mehr in die Kategorie Kleintransporter sondern leichter Lastkraftwagen. Erstmals war der zum „Truck of the Year“ gekürte Pritschenwagen in den USA zudem in einer Langversion verfügbar. Während die 1978 eingeführte Toyota Hilux-Generation 3 wieder kompaktere PKW-Züge hatte und erstmals nach Europa exportiert wurde, fand der zunehmende Gigantismus auf anderer Ebene statt: Auf Basis des Pick-Ups wurden ab 1981 zusammen mit dem US-Hersteller Winnebago die SUV-Modelle Trekker, Wolverine und Trailblazer konstruiert. Diese wiederum bildeten die Grundlage für die späteren Modelle Toyota 4Runner und Toyota Hilux Surf.
Ab der 1983 vorstellten Generation 4 gab es den japanische Pritschenwagen in den bis heute bekannten Alternativen als Extra Cab-Zweitürer mit vier Sitzen sowie Double Cab mit vier Türen und fünf Plätzen. Hinzu kamen unzählige Aufbauten anstelle der Ladefläche; bekanntes Beispiel ist der der Offroad-Allrad-Camper Sunrader. Die von 1988 bis 1997 ausgelieferte Generation 5 war zugleich die letzte, die unter dem Namen Toyota Hilux in Nordamerika vertrieben wurde. 1995 trat das Modell Toyota Tacoma an ihre Stelle, gefertigt direkt in Kalifornien. Für den europäischen Markt erhielt Volkswagen die Lizenzen für den Bau des Pick-Ups-Trucks, der als VW Taro in allen drei Ausführungen (Single Cab, Extra Cab, Double Cab) angeboten wurde. Montiert wurde er im VW Nutzfahrzeuge-Werk Hannover sowie später in Emden. Die siebte Auflage entsprach in ihrer massiven Erscheinung und Größe von über 5 m dann ziemlich genau der heutigen Ausführung. Die ab 2005 in Südafrika und Thailand für die EU produzierten Varianten verfügten alle über Dieselmotoren, während die Toyota Hilux Neuwagen im Rest der Welt mehrheitlich Benziner waren. Nicht zuletzt regelmäßige Top-3-Platzierungen bei der Wüstenrallye Paris-Dakar machten den Pick-up-Truck zur Offroad-Legende.
Abseits der Piste ist für einen Toyota Hilux Neuwagen weiterhin kaum ein Einsatzzweck vorstellbar, dem er nicht gewachsen ist. Als flexibel einsetzbares Nutzfahrzeug für Handwerks-, Forst- oder Baubetriebe bleibt die (Groß)Mutter aller Pick-ups mit weltweit knapp 20 Millionen verkauften Exemplaren schon rein zahlenmäßig unerreicht. Die neue Generation 8 und vor allem das junge Modell Hilux Invincible macht jedoch deutlich, dass das leichte Transportfahrzeug im Windschatten des SUV-Hypes ebenfalls als Lifestyle-Objekt wahrgenommen werden will. Dank seiner optional sehr komfortablen Innenausstattung inbegriffen zahlreicher Assistenzsysteme, dezentem Bling-Bling sowie deutlich verbesserten Onroad-Fahreigenschaften gelingt ihm zumindest im Ansatz. Vor allem die Camping- und Freizeitsport-Welle treibt dem toughen Japaner zunehmend auch Privatpersonen auf die Sitze. Gepflegte Urbanisten Asphaltcowboys werden von dem Brocken aufgrund seiner Unhandlichkeit, des begrenzten Straßenfahrkomforts und hohen Verbrauchs wohl weiterhin eher Abstand nehmen. Den Trend zum Pritschenwagen haben dennoch auch Nobelmarken wie Mercedes erkannt und die X-Klasse entwickelt. Echte Working-Class-Konkurrenten zum Hilux sind aber eher der Ford Ranger, Nissan Navara, Mitsubishi L200 oder auch VW Amarok.
„Alle allradgetriebenen Single Cab-, Extra Cab- und Double Cab-Varianten können übrigens jetzt 1 Tonne Nutz- und 3,5 Tonnen Anhängelast bewältigen“
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